Otfried Preußler - Neues vom Räuber Hotzenplotz
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Otfried Preußler - Neues vom Räuber Hotzenplotz краткое содержание
Otfried Preußler, geboren 1923, wuchs in Reichenberg in Böhmen auf. Mit dem Schreiben begann er während seiner Kriegsgefangenschaft in Russland. Nachdem er von 1953 bis 1970 als Lehrer tätig gewesen war, widmet er sich seitdem ausschließlich dem Schreiben. 1971 wurde er in den PEN-Club aufgenommen. Zu seinen bekanntesten Büchern zählen »Der Räuber Hotzenplotz« und »Krabat«, für das er neben vielen anderen Auszeichnungen den Deutschen Jugendliteraturpreis und den Hans-Christian-Andersen-Preis erhielt. »Neues vom Räuber Hotzenplotz« wurde durch
Aufnahme auf die Auswahlliste zum Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet und in zahlreiche Sprachen übersetzt.
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„Damit müssten wir's eigentlich schaffen!"
Es zeigte sich, dass die Arbeit nicht einfach war. Hotzenplotz schien gewusst zu haben, weshalb er von diesem Weg in die Freiheit keinen Gebrauch gemacht hatte. Der Boden des Spritzenhauses war hart wie Stein und der Platz zwischen Tor und Feuerwehrauto so eng, dass immer nur einer graben konnte. Aber selbst der hatte Schwierigkeiten, weil er bei jeder Bewegung irgendwo anstieß.
„Wie wäre es", meinte Herr Dimpfelmoser nach einer Weile, „wenn wir das Auto ein Stück zurücksetzten? Wir haben da hinten mindestens einen Meter Platz!"
„Wenn das geht?", sagte Kasperl. „Ich fürchte, das Ding ist zu schwer für uns."
„Zu schwer?" Der Oberwachtmeister lachte. „Vergiss nicht, dass jedes Auto einen Motor hat. Und einen Rückwärtsgang."
„Und – der Zündschlüssel?", fragte Seppel.
„Wozu einen Zündschlüssel?", meinte Herr Dimpfelmoser. „Wir machen es mit der Handkurbel! Die liegt griffbereit unterm Fahrersitz, wo sie immer liegt. Bereit sein ist alles, versteht ihr – speziell bei der Feuerwehr!"
Er schnallte den Säbel ab, kletterte auf den Wagen und setzte sich hinter das Lenkrad. Dann reichte er ihnen die Kurbel hinunter.
„So, es kann losgehen!"
Kasperl und Seppel gaben sich große Mühe das Feuerwehrauto anzukurbeln. Sie kurbelten einmal, sie kurbelten zweimal. Beim vierten Mal stießen sie mit den Köpfen zusammen, beim sechsten Mal schnappte die Kurbel zurück und traf Seppel am linken Daumen.
„Nicht aufgeben!", feuerte sie Herr Dimpfelmoser an. „Ich glaube fast, ihr habt Zwetschgenmus in den Armen!"
Zwetschgenmus ?
Kasperl und Seppel bissen die Zähne zusammen und kurbelten weiter. Beim zwölften Mal klappte es dann. Mit lautem Gedröhn sprang der Wagen an. Herr Dimpfelmoser legte den Rückwärtsgang ein und gab Gas.
Das Feuerwehrauto rührte sich nicht von der Stelle.
„Die Handbremse!", riefen Kasperl und Seppel.
„Waaas?", rief Herr Dimpfelmoser zurück. „Ich kann nichts verstehen bei diesem Krach!"
„Die Haaand-breeem-seee!"
Endlich hatte Herr Dimpfelmoser begriffen. Er löste die Handbremse – und im nächsten Augenblick machte das Feuerwehrauto einen gewaltigen Satz: einen Satz nach hinten.
Rums – bums – pardauz! Das Spritzenhaus bebte und zitterte. Mit einem Mal hatten Kasperl und Seppel die Augen voll Staub und den Mund voll Sand. Blitzschnell warfen sie sich zu Boden. Kasperl fiel mit der Nase in eine Ölpfütze, Seppel verlor den Hut und stieß mit dem Kopf gegen einen Mauerstein.
Plötzlich war es im Spritzenhaus wieder still. Herr Dimpfelmoser hatte den Motor abgewürgt.
„Ei verflixt!", rief er ganz verdattert aus. „Ich bin, wie mir scheint, aus Versehen ein Stück zu weit gefahren – na, so was!"
Kasperl und Seppel erhoben sich.
Das Feuerwehrauto hatte die Rückwand des Spritzenhauses durchbrochen. Es stand mit den Hinterrädern im Freien, friedlich vom Mond beschienen.
Durch das Loch in der Mauer konnten sie ungehindert hinausspazieren.
„Toll!", sagte Kasperl und drückte Herrn Dimpfelmoser die Hand. „Das war Maßarbeit!"
Immerhin motorisiert
Herr Dimpfelmoser wollte vorausradeln und sich um Großmutter kümmern – doch leider musste er feststellen, dass sein Fahrrad verschwunden war.
„Unerhört!", rief er. „Dieser Bursche stiehlt nicht nur Uniformen, er klaut auch behördeneigene Fahrräder! Hat man so etwas schon gehört?"
„Kommen Sie!", drängte Kasperl. „Wir müssen nach Haus!"
„Und zwar schnell!", fügte Seppel hinzu.
„So schnell wie die Feuerwehr!", sagte Herr Dimpfelmoser; und wie sich zu Kasperls und Seppels freudiger Überraschung herausstellte, war das wörtlich gemeint. „Da nämlich erstens Eile geboten und zweitens mein Fahrrad verschwunden ist", fuhr er fort, „müssen wir auf das Feuerwehrauto zurückgreifen. Los, werft den Motor an!"
Herr Dimpfelmoser setzte den Wagen so weit zurück, dass er wenden konnte. Die Freunde kletterten auf den Mannschaftssitz und schon brausten sie los: Linkskurve, Rechtskurve, über den Marktplatz, am Rathaus vorbei und mit Vollgas die Bahnhofstraße hinunter.
Kasperl und Seppel kamen sich vor, als säßen sie in der Achterbahn. Alles, was sie am Achterbahnfahren besonders schätzten, wurde ihnen hier auch geboten: das Ohrensausen, das Kribbeln im Bauch – und das wunderbare Gefühl, in einer Sekunde um zwanzig Pfund leichter zu werden und in der nächsten um dreißig schwerer. Herr Dimpfelmoser machte das ganz hervorragend.
Leider dauerte das Vergnügen nur kurze Zeit, dann kreischten die Bremsen. Kasperl und Seppel rumpelten gegen die Rückwand des Fahrersitzes.
„Aussteigen, wir sind da!"
Aufatmend stellten sie fest, dass im Wohnzimmer Licht brannte. Umso größer der Schreck, als Großmutter nirgends im ganzen Häuschen zu finden war.
Herr Dimpfelmoser legte die Stirn in Falten.
„Weg ist sie", brummte er. „Weg wie das Fahrrad und meine Uniform."
Kasperl bekam einen Heidenschreck.
„Glauben Sie etwa, dass Hotzenplotz sie geraubt hat?"
„Geraubt?", meinte Oberwachtmeister Dimpfelmoser. „ Großmütter raubt man nicht, Großmütter werden entführt."
Er streckte das Kinn vor und rasselte mit dem Säbel.
„Wir müssen sofort mit der Fahndung beginnen!"
„Mit was?"
„Mit der Fahndung! Das heißt, dass wir alles tun müssen, um den Schurken zu fangen und Großmutter zu befreien. Immerhin sind wir ja motorisiert. Alles aufsitzen, es geht los!"
Mit dem Feuerwehrauto fuhren sie kreuz und quer durch den ganzen Landkreis. Sie fuhren nach Norden und Süden, nach Westen und Osten, auf Hauptstraßen, Nebenstraßen und Feldwegen. Aber vom Räuber Hotzenplotz und von Großmutter fehlte jede Spur.
Gegen halb zwei in der Nacht – sie befanden sich unglückseligerweise gerade mitten im Wald – war der Sprit zu Ende. Der Motor begann zu stottern, dann setzte er aus und der Wagen stand.
„Auch das noch!", schimpfte Herr Dimpfelmoser. „Heute bleibt uns auch wirklich nichts erspart!"
Sie mussten das Feuerwehrauto im Walde stehen lassen und kehrten zu Fuß in die Stadt zurück.
Kurz nach drei fielen Kasperl und Seppel erschöpft ins Bett. Sie waren so hundemüde, dass sie es nicht mehr fertig brachten, sich auszuziehen. Sie schliefen in allen Kleidern, in Jacke und Hose, in Strümpfen und Schuhen, mit Kasperlmütze und Seppelhut.
Fünfhundertfünfundfünfzig Mark fünfundfünfzig
Am anderen Morgen um elf, während Kasperl und Seppel noch wie erschlagen schliefen, suchte Herr Oberwachtmeister Dimpfelmoser Herrn Rübesamen in dessen Büro auf und berichtete ihm, was sich letzte Nacht mit dem Spritzenhaus und dem Feuerwehrauto ereignet hatte.
„Ich hoffe, Sie werden mir das nicht übel nehmen, mein Lieber – nach Lage der Dinge hatte ich keine andere Wahl. Für den bei der Fahndung verbrauchten Treibstoff kommt selbstverständlich die Polizei auf; und was die Rückwand des Spritzenhauses betrifft, so könnte man ja für ihren Wiederaufbau eine öffentliche Sammlung veranstalten: etwa beim nächsten Feuerwehrball."
Herr Rübesamen war mit allem einverstanden und versprach dafür zu sorgen, dass das Feuerwehrauto von einigen seiner Leute in die Stadt zurückgebracht wurde.
„Nur schade", sagte er, „dass Sie den Räuber Hotzenplotz nicht erwischt haben!"
„Tut nichts", meinte Herr Dimpfelmoser. „Der geht uns auf gar keinen Fall durch die Lappen, den kriegen wir schon. Die Fahndung muss nur erst richtig ins Rollen kommen, verstehen Sie ..."
Er verabschiedete sich von Herrn Rübesamen, machte anschließend einen kleinen Rundgang durchs Städtchen, um nachzusehen, ob überall Ruhe und Ordnung herrschte, und nachdem er sich davon überzeugt hatte, kehrte er gegen Mittag zu Kasperl und Seppel zurück. Die beiden hatten noch nicht gefrühstückt und waren in höchster Aufregung.
„Was ist los mit euch?", fragte er.
Kasperl und Seppel redeten beide gleichzeitig auf ihn ein, sehr schnell und sehr lautstark. Herr Dimpfelmoser wurde nicht schlau daraus. Wenn sie Chinesisch mit ihm geredet hätten, wäre es ungefähr auf dasselbe hinausgelaufen.
„Aufhören!", rief er. „Aufhören, man versteht ja kein Wort!"
Als alles Rufen nichts half, steckte er seine Polizeitrillerpfeife in den Mund und stieß einen gellenden Pfiff aus, der Kasperl und Seppel sofort verstummen ließ.
„Rrrruhe, zum Donnerwetter! Wenn ihr mir was zu berichten habt, dann tut es gefälligst einzeln und hübsch der Reihe nach! – Also bitte!"
Kasperl und Seppel hatten wahrhaftig alle Veranlassung aus dem Häuschen zu sein. Vor ungefähr einer Viertelstunde hatte sie ein Postbote aus dem Bett geklingelt und ihnen einen Eilbrief überbracht.
„Einen Eilbrief?", fragte Herr Dimpfelmoser. „Von wem?"
„Sie werden es nicht für möglich halten – von Hotzenplotz!"
Kasperl gab ihm den Brief zu lesen. Er war auf die Rückseite eines alten Kalenderblattes geschrieben, mit roter Tinte, in großen, klotzigen Buchstaben:
Herr Dimpfelmoser fand, dieser Brief sei die allerunverschämteste Unverschämtheit, die ihm in seiner langjährigen Dienstzeit untergekommen sei.
„Aber wir werden ihm einen Strich durch die Rechnung machen, diesem gemeinen Erpresser, der nicht einmal seinen eigenen Namen richtig schreiben kann!", rief er zornentbrannt. „Wir verhaften ihn, wenn er morgen zum alten Steinkreuz kommt! Ich telefoniere sofort mit der Kreisstadt und sorge dafür, dass mindestens zwölf Polizeibeamte zu seinem Empfang bereitstehen und ihn hopsnehmen – das verspreche ich euch!"
Kasperl war nicht sehr begeistert von seinem Vorschlag.
„Bloß nicht, Herr Oberwachtmeister!"
„Nein?", fragte Dimpfelmoser. „Wieso denn nicht?"
„Wegen Großmutter", sagte Kasperl. „Wenn Hotzenplotz Lunte riecht, wird es schlimm für sie."
„Hm", brummte Oberwachtmeister Dimpfelmoser. „Dann werdet ihr also zahlen?"
„Was sonst?", meinte Kasperl mit einem Achselzucken. „Großmutter sollte uns fünfhundertfünfundfünfzig Mark wert sein – oder?"
„Fünfhundertfünfundfünfzig Mark fünfundfünfzig!", verbesserte ihn Seppel. „Genau so viel, wie wir vor vierzehn Tagen vom Herrn Bürgermeister als Belohnung bekommen haben – ist das nicht ulkig?"
Herr Dimpfelmoser ließ sich aufs Sofa plumpsen. Dann nahm er den Helm ab und wischte ihn mit dem Taschentuch innen trocken.
„Die Sache gefällt mir nicht", brummte er. „Seid ihr wenigstens damit einverstanden, dass ich euch morgen vorsichtig nachschleiche? So könnte ich aus der Ferne beobachten, was geschieht und im Notfall einschreiten ..."
„Bitte nein!", sagte Kasperl. „Wir wissen doch alle drei, dass mit Hotzenplotz nicht zu spaßen ist. Wenn er verlangt, dass Seppel und ich allein kommen, müssen wir uns dran halten. Er hat uns nun mal in der Hand, da hilft alles nichts."
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