Иоганн-Амвросий Розенштраух - Исторические происшествия в Москве 1812 года во время присутствия в сем городе неприятеля
- Название:Исторические происшествия в Москве 1812 года во время присутствия в сем городе неприятеля
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- Издательство:Литагент «НЛО»f0e10de7-81db-11e4-b821-0025905a0812
- Год:2015
- Город:Москва
- ISBN:978-5-4448-0400-1
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Иоганн-Амвросий Розенштраух - Исторические происшествия в Москве 1812 года во время присутствия в сем городе неприятеля краткое содержание
Иоганн-Амвросий Розенштраух (1768–1835) – немецкий иммигрант, владевший модным магазином на Кузнецком мосту, – стал свидетелем оккупации Москвы Наполеоном. Его памятная записка об этих событиях, до сих пор неизвестная историкам, публикуется впервые. Она рассказывает драматическую историю об ужасах войны, жестокостях наполеоновской армии, социальных конфликтах среди русского населения и московском пожаре. Биографический обзор во введении описывает жизненный путь автора в Германии и в России, на протяжении которого он успел побывать актером, купцом, масоном, лютеранским пастором и познакомиться с важными фигурами при российском императорском дворе. И.-А. Розенштраух интересен и как мемуарист эпохи 1812 года, и как колоритная личность, чья жизнь отразила разные грани истории общества и культуры этой эпохи.
Публикация открывает собой серию Archivalia Rossica – новый совместный проект Германского исторического института в Москве и издательского дома «Новое литературное обозрение». Профиль серии – издание неопубликованных источников по истории России XVIII – начала XX века из российских и зарубежных архивов, с параллельным текстом на языке оригинала и переводом, а также подробным научным комментарием специалистов. Издания сопровождаются редким визуальным материалом.
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Ich kehre von dieser Abschweifung zum Gange der damaligen Begebenheiten zurück. Um der Plünderung zu entgehen, kleidete sich jeder, so einfach und ärmlich als er nur konnte, und ich erinnere mich in der ganzen Zeit, nur einen Moskauer Einwohner ganz so wie früher in anständigen Civilkleidern, den Wladimir-Orden vierter Klasse, an der Brust tragend, frey umhergehen, gesehen zu haben; Wahrscheinlich muß er eine Sicherheitscharte gehabt haben, die ihn für Plünderung geschützet hat; welches ich daraus schließe, daß er nach der Rückkehr des Grafen Rostoptschin, sehr hart vom Grafen behandelt ward; obgleich er ein Wohlthäter und rettender Engel für viele hundert Personen gewesen ist, die ohne seiner Hülfe dachlos, und ohne Brod geblieben wären, wenn er ihnen nicht Beydes verschafft hätte. Er hieß – wenn ich mich nicht irre – Wischnewsky. Er suchte die Umherirrenden selbst auf, nahm Alle an, die zu ihm kamen, gab ihnen Wohnung und Speise in dem Stift, oder Krankenhause, oder Hospital, denn ich weiß nicht wie das lange, einstöckige Gebäude heißt, welches jenseits zur rechten Hand der rothen Pforte liegt, wenn man von der Mäßnitzkoi her durch dieselbe gehet. – Mehr als dreyhundert Personen fanden dort Schutz und Nahrung. Ein gleiches Asyl war im kaiserlichen Findelhause für viele Menschen. Auch mir leistete Herr von Wischnewsky einst einen nicht geringen Dienst. Eines Morgens, etwa nach 8 Uhr, ward ein junger kranker Mensch, nur mit einem weißen sehr feinem Hemde bekleidet, auf einem kurzen Schubkarren, den ein alter Diätschock führete, unter Begleitung von 3 bewaffneten Soldaten vor unserm Hause vorbeygeführet. Mich dauerte sowohl der kranke junge feine Mann, als der Greis, der ihn fortschieben mußte, und höchst ermüdet schien. Etwa um 11 Uhr kam ich aus dem Schillingschen Hause, wohin ich alle Tage ging, und als ich aus der Queergasse in die Lubiänka treten wollte, kamen die Soldaten mit dem Kranken, und dem vor Schweiß triefende Greise, wie ich sie am Morgen gesehen hatte, von der Stadtseiteeinher. Die Soldaten schrien mich sehr hart an, und bevor ich noch recht verstehen konnte, was sie eigentlich wollten, hörete ich dicht hinter mir in deutscherSprache: Sie suchen ein Hospital, zeigen Sie ihnen das nächste Haus, sonst müssen Sie den Karren mit dem Kranken fortschieben: Es war der obengenannte Herr von Wischnewsky, den ich nie gesprochen hatte, und auch nicht kannte, der aber eben dicht hinter mir, die Worte der Soldaten hörete, und mir diesen Rath gab. Sogleich wies ich auf das ganz in der Nähe stehende gräflich Rostoptschinsche Haus hin, und sagte: Hier ist ja ein Hospital, so gut Sie es nur finden können. Die Soldaten dankten, und ermunterten den Führer, durch Gebärden u. Worte – die er nicht verstand – noch die wenige Schritte zu thun, um seine Bürde los zu werden. Nicht nur meine eigne Selbsterhaltung, sondern die Erhaltung so vieler Menschen, die bey mir im Hause wohneten, gab mir diese Nothlüge ein. Denn hätte ich den Karren auch aufnehmen wollen so hätte ich meine Wohnung und meine Einwohner wahrscheinlich nie mehr wieder gesehen. Unruhe, mancherley Angst, schlechte ungewohnte Nahrung, Mangel an Zeit zum Schlafen, und eine immerwährende Thätigkeit, hatten meinen Körper so geschwächet, daß ich den Schubkarren mit dem Kranken keine 50 Schritt hätte vorwärts bringen können, wozu gewiß auch nicht einmal die Kolbenstöße der begleitenden Soldaten, mich gestärket, wohl aber noch mehr unfähig gemacht haben würden. Sobald sich der Zug mit den Kranken wieder in Bewegung setzte, lief ich was ich vermochte, meine Wohnung auf der ganz nahe liegenden Schmiedebrücke zu erreichen, welches mir auch gelang. Ich würde meinem Retter auch nie den Namen nach kennen gelernt haben, wenn Herr von Wischnewsky, bei seiner Nachhausekunft, diesen Vorfall nicht dem Schauspieler Haltenhof erzählet hätte, der mir später sowohl dieses, wie auch den Namen des Hr. v. W, und das viele Gute, was er täglich für alle that, die in dem dortigen Hause wohneten, mittheilete. Noch spät am Abend kam der Kranke, den ich schon zweymal an diesem Tage gesehen hatte, in derselben Begleitung vor meinem Fenstern, der Schmiedebrücke entlang vorüber.
Auch das Schillingsche Waarenlager ward endlich doch geplündert, so lange es auch verschonet blieb. Der Anblick war recht schmerzlich. Auf dem Hofe lag der rohe Caffee Fuß hoch auf der Erden ausgeschüttet. Die Kisten, in denen feine Tischweine gepackt waren, an der schmalenSeite geöffnet, strömte die köstliche Flüssigkeit auf den Hof; weil bey jeder Bouteille, die auf diese unbequeme Weise herausgerissen ward, immer mehrere Bouteillen zerbrochen werden mußten. Die Plünderer hielten sich meistens in dem untern Geschosse auf, so lange noch Wein vorräthig war. Die obern Stockwerke blieben unbewohnet, nur der Commiß Settelmayer, war allein von Schillings nachgeblieben; welcher eine gute Art hatte die Plünderer zu behandeln, und so lange der gute Wein nicht zu Ende ging, auch persönlich nicht mißhandelt ward. Ich fand ihn eines Tages aber dennoch fast ohnmächtig von erlittenen Schlägen, auf einem Kanapee liegend. Er klage mir seine Noth, verlor aber noch immer nicht den Muth, länger im Hause zu bleiben. Grade an diesemTage – aber auch nur dieses einemal – hatte ich im Schillingschen Hause zwei Abentheuer nach einander zu bestehen. Als ich an diesem Tage von Settelmayer weggehen wollte, taumelte ein halbbetrunkener Soldat auf mich zu, und wollte mein Hemd, welches ich am Leibe trug, von mir haben. Glücklicherweise geschah dies in einem Zimmer, wo ein halb geöffneter Wäscheschrank stand, in welchem einige weiße Betttücher lagen. Ich öffnete den Schrank, schlug zwey Betttücher noch einmal zusammen, in der Quadratform, wie gewaschene Hemde gelegt zu werden pflegen; und sagte zu dem ungestürmen Foderer „Hier haben Sie ein halbes Dutzend, welche rein gewaschen, und besser sind, wie das schmutzige Hemd welches ich auf dem Leibe habe.[“] Es wäre mir sehr übel gegangen, wenn der Soldat den ihm dargebrachten Bündel, auseinander geschlagen hätte. Er that es aber Gottlob nicht, sondern eilte freundlich dankend davon. Kaum war ich diesen Soldaten los, als ein Anderer, – in demselben Zustande wie der frühereauf mich zukam, mich an der Brust packte, und mich fragte: Wo sein zweyter Handschuh sey, den er hier verloren habe? Dabey zeigte er mir den andern, den er noch in der Hand hatte. Ich bat ihn mir den Handschuh einen Augenblick zu erlauben, damit ich den verlorenen suchen könnte. Nicht ohne Mühe gab er mir den, und als ich sah, daß dieser Handschuh, ohngefähr, von der Farbe der meinigenwar, die ich in der Tasche hatte, gab ich ihm nach einigen Augenblicken, meine beydenHandschuh, und ohne zu merken, daß die meinigen etwas mehr grünlich waren, nahm er sie, dankte, und eilte davon. Dieses war das erste, und auch das letzte mal, daß ich unmittelbar am Leibe angepacket worden war, obgleich ich oft, durch ganze Haufen plündernder Soldaten, mitten hindurch ging, wenn ich plötzlich in eine Queerstraße auf sie stieß, und nicht mehr zurück, oder entfliehen konnte, ohne von ihnen eingeholet zu werden.
Nach siebzehnTagen, ward endlich alle öffentlichePlünderung bey harter Strafe verboten; obwohl des Nachts, an abgelegenen Orten, und wo es nur heimlich geschehen konnte, die Plünderung so lange fortdauerte, wie es noch Franzosen in der Stadt gab. Es ward eine Munizipalität eingerichtet wozu Ausländer gewählet wurden, welche französisch sprechen konnten. Eine dreyfarbige Schärpe um den Arm, machte die Beamten kenntlich, und jedes Quartal hatte seine eigene Aufseher, welche angewiesen waren, jedem beyzustehen der ihre Hülfe bedarf.
Ich danke Gott, daß keine Wahl auf mich fiel; denn absagen durfte niemand. Der Director dieser polizeylichen Anstalt war ein Professor der Moskauer Universität, namens Willers. Ich weiß nicht, ob er ein geborener Franzose oder Sachse war, aber das ist mir bekannt, daß er mit einer Dresdnerin verheyrathet war, welche nachher, bey Gelegenheit einer Anwesenheit des Hochseligen Kaisers Alexander in Dreßden, die Befreyung ihres Mannes, und seine Rückkehr nach Deutschland, von dem Monarchen erflehet, und auch erwirket hatte. Ich habe Herrn Professor Willers nie gesehen und kann nicht wissen, ob er das Amt eines Polizeymeisters gern, oder nothgedrungen annahm; weil er doch einmal durch einen besondern Zufall, gleich im ersten Augenblick mit Napoleon bekannt ward, wie dieser in Moskau einzog. Napoleon war bis zur Moskauer Sastawa gelangt, wo er Halt machte, in der Meynung „Es werde ihm eine Deputation aus der Stadt entgegen kommen, die Schlüssel der Stadt überreichen, und um Schonung bitten etc [“] – wie es in andern Residenzen, und Städten zu seyn pflegte. Als aber von alle dem nichts geschah, und er vergeblich eine kleine Weile gewartet hatte; sandte er einen seiner Adjutanten in die Stadt, um sich nach der Ursache dieses sonderbaren Benehmens zu erkundigen, wobey er sich äusserte; ob denn die Einwohner nicht wüßten, daß von ihm, dem Sieger, das Schicksal der Stadt abhienge? Der Adjutant, ritt eine ziemliche Strecke in die Stadt hinein, fand die Straßen Menschenleer, und nur sehr wenige ganz gemeine u. arme Leute, die seine Fragen nicht beantworten konnten, weil er sie in französischerSprache that. Endlich erblickte der Adjutant, in der Nähe des Universitätsgebäudes, den Professor Willers, den er anrief, und befragte. Von welchem er auch verstanden ward, und seine Fragen beantwortet erhielt. Willers sagte ihm, daß sowohl die Behörden, wie alle nur einigermaßen wohlhabendeLeute Moskau verlassenhatten, und nur die Hefe des Volkes, und sehr wenige Ausländer in der Stadt zurückgeblieben sind. Der Adjutant nahm Willers mit sich, damit er dasselbe Napoleon selbst sagen sollte. Auf dieser Weise ward er mit Napoleon bekannt, und die Wahl zum Polizeymeister war also schon in diesem Umstande begründet, auch wenn Willers nachher nie in den Kreml gegangen wäre.
Napoleon zog nach Anhörung dieser Aussage, mit getäuschter Erwartung ohne Sang und Klang gegen halb drey Uhr, am Montag, den zweiten September, des Nachmittags in Moskau ein, und begab sich gleich nach dem Kreml, wo er bis zum 13ten October, eben so still und geräuschlos lebte, wie er gekommen war. Erst später fing er an sich zu amusieren. Aber womit? Es wurden französische Comödien zu seiner Unterhaltung von Diletanten im Kreml aufgeführt, welche von einigen nachgebliebenen Modehändlerinnen, Aufsehern bey Kindern – die sämtlich nie Schauspieler waren – gespielet; und sollte man es glauben, Napoleon – der doch das schönste und glänzendste gesehen hatte, was die Bühne leisten konnte, fand, oder schien doch an diesen jämmerlichen Vorstellungen Geschmack zu finden, und soll mit der größten Aufmerksamkeit Stundenlang zugehöret haben, als ob er sich wirklich daran ergötzte. Dieses haben mehrere Augenzeugen versichert. Eben so schlecht war sein Tischso lange bestellt, bis russische Bauern aus der Umgegend anfingen Indianische Hühner, Gänse, Butter etc. nach der Stadt zu bringen – wiewohl nur in sehr geringerQuantität. Schon an der Sastawa ward ihnen ihr Vorrath sehr theuer von Aufkäufern für die kaiserliche Küche, abgenommen und mit enormen Preisen bezahlt. Dieses brachte den Obrist Flahau auf den Gedanken; einen Contorschick Demidows, der in unserem Hause war, mit einigen 100 Franques, auf die nächsten Demidowschen Güter zu schicken, um dafür Victualien zu kaufen. Der Contorschick war auch willig dazu, hatte das Geld schon erhalten, und der Obrist ließ mich nur rufen um den Menschen genau zu bedeuten, was er vorzüglich bringen sollte. Ich erschrack über die Gefahr, welche für michbey ertheilung dieser Instruction entstehen könnte, wenn es heissen würde: daß ich die Leute auf die Demidowschen Güter geschicket habe, um den Feinden des Vaterlandes, Nahrungsmittel zu bringen. Ich zwang mich zu einem Lächeln, und sagte dem Obristen in deutscher Sprache: Das wäre schön! Wie würde dieser russische Schreiber lachen, wenn er mit ihre 200 Fr. in seinem Dorfe angelanget ist, und mit Recht über Sie spotten, daß Sie ihm das Geld anvertrauet haben, da er ja in seinem Dorfe sicher ist, von Ihnen weder gesuchet, noch für sein Ausbleiben bestrafet zu werden. Der Obrist lachte laut, sagte „Da hätte ich bald einen recht albernen Streich begangen, welchen ich mir nie vergeben könnte, daß ich auf diese Weise mein Geld verloren hätte.[“] Er dankte mir daß ich ihn gewarnet, nahm den Contorschik das Geld wieder ab, und die Sache unterblieb zu meiner großen Zufriedenheit.
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