Михаил Безродный - Россия и Запад

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Михаил Безродный - Россия и Запад краткое содержание

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Сборник, посвященный 70-летию одного из виднейших отечественных литературоведов Константина Марковича Азадовского, включает работы сорока авторов из разных стран. Исследователь известен прежде всего трудами о взаимоотношениях русской культуры с другими культурами (в первую очередь германской), и многие статьи в этом сборнике также посвящены сходной проблематике. Вместе с тем сюда вошли и архивные публикации, и теоретические работы, и статьи об общественной деятельности ученого. Завершается книга библиографией трудов К. М. Азадовского.

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Der Text besteht aus acht Kapiteln, die im wesentlichen die Reiseroute wiedergeben [257]: Mit den Ortsbezeichnungen sind Akzentsetzungen verbunden: Ečmiadzin, die alte Hauptstadt, steht für Kultur, Ajger-Lič (etwa 15 km von Erevan entfemt) für die neue Zeit, das Wasserkraftwerk.

Anders als das Georgienbuch, das ungeordnet Impressionen zur Natur, den Sehenswürdigkeiten und Begegnungen mit Künstlern und Intellektueilen russischer und georgischer Provinienz in Tagebuchform einfängt, herrscht im Armenienbericht verdichtete Symbolik. Stärker als die Reise nach Georgien wurde, wie Carmen Sippl treffend feststellt, der Aufenthalt in Armenien vom Autor explizit als Begegnung mit dem Fremden, als «Sich Entfemen von Europa, als Annäherung an Asien» dargestellt [258]. Doch geht es dabei nicht um die Abgrenzung vom Eigenen, Zivilisatorischen, sondern eher im Gegenteil, wird, ähnlich wie bei Brjusov, dessen Armenien-Texte er kannte, «die Herkunft Armeniens aus den wechselvollen alten Kulturen, der persischen, somerischen, assyrischen, babylonischen, die Ankunft griechischer Krieger, als Urszene der Menschheitskultur, als Urbild steingewordener Geschichte, augenfÄllig gemacht» [259].

Belyj formt sein Armenien-Bild stets aus dem Zusammenspiel von Natur, Kultur und Physiognomie der Bewohner:

Земля — с древним запахом: в чобры и мяты влиты испарения староармянской и староперсидской культур (…); здесь жив Вавилон: поглядите на бритые профили, губы, носы ериванцев, представьте к ним длинные клины бород завитых, — вы узнаете фрески (…)… профиль армянский — вполне вавилонский (…) Здесь «аирик» (или батюшка) более напоминает жреца вавилонского, вышедшего из Ваалова капища, — не христианского. (…) Впаяны древности в почву; и камни природные — передряхрели скульптуру; и статуи, треснувши, в землю уйдя, поднимают кусты; не поймёшь, что ты видишь: природу ль, культуру ль? [260]

Großen Raum nehmen die Erinnerungen an die Verheerungen ein, die Armenien als Spielball zwischen den Großmächten Persien und Türkei erlitten hat; der russischen Eroberung Erivans [261]durch General Paskevič hingegen wird nur knapp die Reverenz erwiesen. Die Verbindung zu Russland wird nicht auf der Ebene der Kultur, sondern der militärischen Eroberung hergestellt [262].

Nicht die Gemeinsamkeiten zwischen Russland und Armenien, die Brjusov dem Russland angegliederten nordostlichen Zweig der armenischen Kultur konzediert, bilden also den Fokusvon Belyjs Wahrnehmung, sondern die Erinnerung an die kulturelle Vergangenheit Armeniens. In Eèmiadzin mit seiner Kathedrale, deren Ausmaße ihn an die Kathedrale in Cambridge erinnem und in dem Museum, wo ihm dergelehrte Bibliothekar Senekerim Ter-Akopjan die uralten kostbar ausgeführten Handschriften zeigt, wird ihm das Zusammenspiel heidnischer, judäischer und christlicher Elemente für die Formierung derarmenischen Kultur deutlich vor Augen geführt [263]. Neben Ter-Akopojan wird aberauch der Ingenieur Sirmazanjan genannt, der Erbauer des Staudamms in Ajger-Lič [264], des Weiteren ein Kapitän auf dem Sevan-See sowie der Maler Saijan, Belyjs Begleiter [265]. Belyj entledigt sich hier seines sozialen Auftrags.

Sein Synthesestreben konzentriert sich weniger wie bei Brjusov auf die Vermittlung der armenischen Kultur zwischen Asien und Europa, als vielmehr auf die Verschmelzung der Elemente Natur und Kultur, die er in der Landschaft entdeckt. In der Landschaft Armeniens ofifenbaren sich für Belyj die Schicksale des Landes. Das wird in der Beschreibung des Ararats, des wichtigsten Natur— und Kulturzeichens der Armenier sichtbar:

To — Арарат.

Смотришь, — кажется: вылезло что-то огромное, все переросшее — до ненормальности вдруг отчеканясь главою своей; <���…> и растет впечатление, что голова, отделившись от тела, является белой планетой, которой судьба — обвалиться, иль в небо уйти навсегда, унося времена патриархов: не бред ли: в двадцатом столетии увидеть подножье ковчега, летавшего где-то здесь, в уровнях воздуха; и дико вспомнить легенду армян, будто рай насажден был здесь именно <���…> [266]

Diese Urszene der Menschheitsgeschichte erscheint ihm symboltrachtig auch für die Zukunft:

Будет то время, когда станет братским объятьем сплетение рук араратских, откуда — восход в поднебесные выси, куда ушел конус, коли он… не рухнет до этого; он — разрушается; землетрясение сороковых годов прошлого века свалило под глетчером бок великана на церковь Иакова и на поселок, — в места, куда Ной, опустившися, стал разводить виноградники послепотопные [267].

Belyjs Armenienbericht wurde 1928 im Heft 8 der Zeitschrift «Krasnaja Nov’» veröffentlicht, dann erst wieder vollständig im Jahre 1985 in Erevan [268].

Osip Mandel’štam: «Putešestvie v Armeniju»

Mandel’štams Beschäftigung mit Armenien ist uns vor allem in drei Textsorten überliefert: im Gedichtzyklus «Armenija» (1930), dem Notizbuch zur Armenien-Reise «Zapisnye knižki 1931–1932» sowie dem eigentlichen Reisetext «Putešestvie v Armeniju» (1931/1933) [269]. Mandel’štam besuchte Armenien vom Mai bis November 1930. Seit 1928, als eine Verleumdungs — und Hetzkampagne gegen den Dichter entfesselt worden war, träumte er von dieser Reise, die ihm schließlich durch Fürsprache Nikolaj Bucharins genehmigt wurde.

Ähnlich wie bei Belyj ist die Reise als Flucht aus der bedrückenden Moskauer Atmosphäre zu verstehen, was sich in den Armenien-Texten widerspiegeln und deren Erzählperspektive bestimmen wird.

Aber Armenien war — und darin Belyjs Georgien-lmaginationen verwandt — nicht beliebiger Fluchtort, sondern kultureller Sehnsuchts-ort, der dem symbolistisch-akmeistischen Synthesedenken reichliche Nahrung bot. Beide Dichter verbanden mit ihrer Reise in den Kaukasus zugleich die Suche nach den eigenen poetischen Wurzeln: Während Belyj in Georgien die Kolchis, die mythologische Landschaft seiner symbolistischen Argonauten-Phase zu entdecken glaubte, fand Mandel’štam — in dessen Dichtung ebenfalls georgische Motive zu finden sind [270]— in Armenien zu den Wurzeln seiner jüdischen Kultur, aber eben in ihrer Verquickung mit der klassischen Antike. Der Mandel’štam Übersetzer und — Spezialist Ralph Dutli weist darauf hin, dass Mandel’štam bereits in seiner «Četvertaja proza» von 1929/1930 die armenische Erde als die jüngere Schwester der judäischen bezeichnete [271]. Auch der nach der Reise entstandene Gedichtzyklus bezeugt, dass Armenien seine poetische Phantasie beschäftigt hat.

Der Europäer Mandel’štam, der im mittelmeerischen Raum das Zentrum der europäischen Kultur sieht, betrachtet immer auch die zahlreichen Fäden und Verästelungen mit der «Weltkultur», aus der die europäische Kultur ihre besondere Qualität gewinnt.

Laut Nadežda Mandel’štam schloss er die Krim und den Kaukasus, insbesondere Armenien, durch ihre Verbindung mit dem Schwarzen Meer in diesen europäischen Kulturraum ein:

Средиземноморье было для него священной землёй, где началась история, которая путём преемственности дала христианскую культуру Европы. (…) В сферу Средиземноморья он включал Крым и Закавказье. (…) Древние связи Крыма и Закавказья, особенно Армении, с Грецией и Римом казались ему залогом общности с мировой, вернее, европейской культурой. (…) [272]

So wird ihm die Erde Armeniens, mit dem Berg Ararat, der bereits im ersten Buch Mose 8.4 als biblisches Land genannt wird, zum «Lehrbuch derersten Menschen», wie es in einem Gedicht des Zyklus heißt. Mandel’štam verortet Armenien in seiner geokulturellen Landkarte «на окрайне света» (4. Gedicht), wo es seinen Platz als «östlicher Vorposten jüdisch-christlicher, europäisch-abendländischer Kultur» [273]behauptet.

Der heilige Berg Ararat faszinierte auch andere russische reisende Literaten. In der symbolischen Ausdeutung des Ararat bei den Dichtem der Moderne findet man Puškins Staunen über den biblischen Berg wieder («Putešestvie v Azrum»), zugleich aber weiterführende kulturelle Reminiszenzen: Brjusov besingt den «старый Арарат» als Monument der Freiheit: «В огромной шапке Мономаха, / Как властелин окрестных гор, / Ты внёсся от земного праха / В свободный голубой простор» [274]. Belyj sah in ihm den Patriarchen, in dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft steingeworden seien [275]. Mandel’štam versieht den Ararat mit verschiedenen metaphorischen Bestimmungen, so z. В.: «Весь воздух выпила огромная гора» [276], «дорожный шатёр» [277].

Es ist schwer, in Mandel’štams Armeniengedichten ein geschlossenes Bild des Landes und seiner Kultur auszumachen. Zu den wichtigen Versatzstücken, die das poetische Gebäude namens Armenien errichten, gehören Motive der armenischen Volkspoesie, wie die Rose, die allerdings ihres traditionellen Partners der Nachtigall beraubt ist: «Ты розу Гафиса колышешь» [278]beginnt der Gedichtzyklus und verweist damit auf den starken Einfluss der persischen Tradition auf das Armenische. Zugleich wird das Eigenständige und Widerständige der armenischen Poesie betont:

Закутав рот, как влажную розу, / Держа в руках осьмигранные соты, / Всё утро дней на окрайне мира / Ты простояла, глотая слезу. // И отвернулась со стыдом и скорбью / От огородов богатых востока; / И вот лежишь на москательном ложе / И с тебя снимают посмертную маску [279].

Doch statt der romantischen Liebesbande zwischen der Rose und der Nachtigall, die die Volkspoesie durchzieht, lesen wir im VIII. Gedicht: «Холодно розе в снегу: / На Севане снег в три аршина…» [280]Die zarte Rose muss sich nunmehr in eisigen Gefilden behaupten. Im ständigen Kampf der Mächte wurde Armenien zerrieben. Es ist ein Land, das standig in höchster Gefahr schwebt.

Ein weiteres wichtiges Mosaik seines Armenien-Bildes bildet die armenische Sprache, besonders das Altarmenische (Grapar), das Mandel’štam (erfolglos, wie er selbst erklärt [281]) zu erlernen versuchte. Die fremde Sprache ist ihm Herausforderung: «Дикая кошка — армянская речь — / Мучит меня и царапает ухо» [282], zugleich symbolisiert sie jene unverfälschte Kultur, die sich eben durch ihre unverfügbare Sprache den politischen Zumutungen der Zeit entzieht.

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