Jana Яна Деноль - Gaunerinnen
- Название:Gaunerinnen
- Автор:
- Жанр:
- Издательство:неизвестно
- Год:2020
- ISBN:978-5-532-07435-4
- Рейтинг:
- Избранное:Добавить в избранное
-
Отзывы:
-
Ваша оценка:
Jana Яна Деноль - Gaunerinnen краткое содержание
Gaunerinnen - читать онлайн бесплатно ознакомительный отрывок
Интервал:
Закладка:
„Ach was! Es war doch ein angenehmer Abend. Ihr seid echt cool!“
„Und Kohle hast du auch gemacht! Hick, hick!“ Es war Nataljas Stimme. Ihre Worte wurden von Schluckauf unterbrochen. Stella errötete. Wie immer schämte sie sich für ihre Freundin. Es entstand der Eindruck, dass sie sich für Nataljas Verhalten schämen musste, weil dieser das entsprechende Gefühl gänzlich fehlte. Man sagt doch, die Menschen müssen einander ergänzen.
Lange saßen die Freundinnen schweigend beisammen, als ob sie Abschied voneinander genommen hätten. Merkwürdigerweise drängten sich ähnliche Gedanken in den Köpfen beider Mädchen.
„Wie wird es sein, allein in ein fremdes Land zu fliegen? Was erwartet uns? Werden die Veränderungen positiv oder negativ ausfallen?
Werden wir am Flughafen verhaftet, bevor wir ins Ausland fliegen?“
Leider blieben diese Fragen ohne Antwort.
So viel war in dieser Zeit passiert: Höhen und Tiefen, Lustiges und Trauriges, Liebe, Glück und Leid. Nun lagen vor ihnen andere Länder und Städte! Japan und die Schweiz oder schwedische Gardinen und Häftlingssuppe.
Plötzlich erinnerte sich Natalja an Zeilen aus einem Lied von Iwan Kutschin, das einer ihrer Kunden gesungen hatte. Der kahlköpfige Knastbruder hatte eine Strafe für Betrug, und zwar besonders schweren Betrug, abgesessen.
Natalja stand aus dem Schaukelstuhl am Kamin auf, ging ins Haus, nahm aus dem Kühlschrank eine Flasche Weißwein, schenkte zwei Gläser ein, reichte eines der Freundin und fing an zu singen:
„Oh du böses Schicksal,
Schau dich nur um!
Mein Leben ist keinen Groschen wert,
Es geht bergab.
Ich zerbreche mir den Kopf,
Aber ich werde klüger!
Ich erfahre, was schrecklicher ist,
Tod oder Knast…“
„Mein Gott! Was singst du da? Soll ich einen Herzinfarkt kriegen?“
„Ich will, das du lächelst.“
Stella nippte an ihrem Wein und sagte mit einem Lächeln:
„Danke, Liebes. Du hast mich von trüben Gedanken abgelenkt.“
„Vorsicht! Trübsal führt zu Alkoholismus.“
„Dann muss ich wohl oft betrübt sein.“
„Am kränksten wird ein Russe durch eine gesunde Lebensweise.“
„Fall nicht ins Koma bei dem Gedanken, dass du ein halbes Jahr von Zwergen statt von Schweizer Millionären gevögelt wirst! Hahaha!“
„Dabei braucht man nicht ins Koma zu fallen!“
In der Dunkelheit erschallte ein so lautes Lachen, dass in manchen Häusern das Licht eingeschaltet wurde und Hunde zu bellen begannen.
„Jag deine philosophischen Gedanken weg, Stella! Die sind so unlogisch. Dabei dachte ich früher, dass gerade du eine große Strategin wärst.“
„Bring mich nicht zum Lachen. Lass mich ein bisschen traurig sein!“
„Wollen wir zusammen traurig sein? Sag, was du gerade denkst!“
„Ich denke darüber nach, wie ich mit den Schlitzaugen reden soll. Ich muss mir wohl ein Wörterbuch kaufen und diese verdammte Schrift lernen.“
„Du bist dumm, Stella! Hast du das alles etwa nötig? Du willst ans andere Ende der Welt fliegen und ein halbes Jahr lang weder Geld noch normale Männer haben. Schau mal, wo ich hinfahre! Nach Genf! Liebe mich auf Französisch, Junge! Es kostet dich nur tausend Mäuse! Das ist der Preis! Sie bekommen kein Rabatt, Monsieur! O là là!
„Haha! Du bist auch nicht schlauer, Natalja!“
„Wollen wir unsere Abreise nach Moskau planen? Weg mit den trüben Gedanken!“
„Das ist eine prima Idee.“
Am nächsten Morgen fingen die Mädchen an, auf der Suche nach einer Wohnung systematisch die Moskauer Immobilienmakler anzurufen. Nachdem sie die Mietpreise in der russischen Hauptstadt kennen gelernt hatten, waren die beiden Freundinnen bald gar nicht mehr abgeneigt, zusammen zu wohnen. Trotzdem bereitete sich jede von ihnen auf den herankommenden Tsunami vor, auch wenn keine darüber sprach.
„Dies darfst du nicht, lass das sein! Diese langweilige Stella macht mich noch verrückt!“
Selbst Saweli mit seinen endlosen Geschichten und das Studentenwohnheim erschienen ihr zu diesem Zeitpunkt als bessere Alternativen zu einem Leben unter der Aufsicht von Gestapo-Stella.
Stella erlebte eine Art Explosion der Emotionen. Dabei wollte sie eigentlich dasselbe: Männer, Sex, Drogen, Rock 'n' Roll. Sie war nervlich am Ende und dachte, dass ihre Reise ins Land der Zwerge ihre letzte sein würde. Man würde sie zwingen, Dinge zu tun, die sie nicht wollte. Sie sollte jede Nacht arbeiten und saufen – das hielt sie für eine völlig unsinnige Zeitverschwendung ohne jede Hoffnung auf Entwicklung, etwas für Schwachsinnige. Sie gehörte nicht zu denen, die sich dem Willen ihres Chefs beugen oder brav und pünktlich zur Arbeit kommen. Es schien, dass dieser Weg zum vollständigen Zerfall ihrer Persönlichkeit, zur Auflösung all ihrer Ideale und Prinzipien führen würde. Stella beschloss, es sich bis zur Abreise noch einmal gut gehen zu lassen und das Leben in vollen Zügen zu genießen. Dabei goss Natalja Öl ins Feuer und sparte nicht mit komischen Sprüchen:
„Du wirst einen Japaner heiraten und einen engstirnigen kleinen Jungen mit dem winzigsten Pimmel der Welt gebären. Hahaha!“
„Und deine Tochter wird Frösche fressen! Hahaha!“
„Dafür werde ich eine Madame und du bloß eine Geisha!“
„Sehr witzig.“
Es war ein herrlicher Tag. Scherzhaft planten die beiden Mädchen ihre Zukunft.
Stella hatte nicht die Absicht, länger in Japan zu bleiben. In ihrem Fall war die Auswahl an Verträgen nicht groß. Ihre Witze über Sohn und Tochter der anderen dagegen erreichten anscheinend Gottes Ohr.
Aber darauf werden wir später zurückkommen.
Eine ganze Woche verbrachten die Mädchen im Vollrausch. Sie stritten und versöhnten sich wieder, während sie auf die Reiseunterlagen warteten.
Als alles fertig war, fuhr Natalja in Darjas Büro, um die rettenden Papiere persönlich abzuholen. Das Büro der Vermittlerin befand sich im gleichen Häuserblock wie Nataljas Wohnung. Sie konnte der Neugier nicht widerstehen und beschloss, bei sich vorbeizuschauen. Das war äußerst gefährlich. Aber es war ihr egal. Sie stieg zu ihrem Stockwerk hinauf und sah, dass die Wohnungstür verplombt war. Schreckliche Angst überkam sie. Erst in diesem Moment begriff sie den ganzen Ernst ihrer Lage. Natalja lief aus dem Gebäude wie ein Hase und zu dem Haus, wo ihre Freundin auf sie wartete. Schreiend rannte sie zu ihr hinein.
„Wir müssen schnell packen! Sie suchen schon nach uns!“
„Wir werden längst gesucht. Weißt du das denn nicht? Hast du die Unterlagen abgeholt?“
„Ja!“ Ich habe alles dabei! Lass uns sofort aus diesem verfluchten Haus verschwinden!“
„Ich bin so weit. Ruf ein Taxi. Ich glaube, wir müssen nach Charkow fahren und von dort aus fliegen.“
„Einverstanden.“
„Wer hat dir gesagt, dass wir gesucht werden? Hast du bei Artschik auf einen Abschiedsfick vorbeigeschaut? Wolltest du ihm erzählen, wo du hinfährst? Hahaha!“
„Stella, du bist natürlich sehr witzig, aber mir ist gerade nicht zum Lachen. Ich war bei meiner Wohnung!“ Natalja kniff die Augen zusammen und wartete auf die Schelte der Freundin. Aber diesmal reagierte Stella gar nicht so heftig:
„Das war dumm.“
Bald kamen die Mädchen in Charkow an. Die Stadt gefiel ihnen. Sie sah ziemlich gepflegt, man könnte sogar sagen, trendy aus. Es gab viele junge Leute, allerlei Unterhaltungsmöglichkeiten und Partys. Natalja wollte natürlich zum Barabaschowo-Markt. Er zog sie an wie ein Magnet, denn dort konnte man eine ganze Garderobe für wenig Geld ergattern. Auf diesem gigantischen Markt, der rund um die Uhr geöffnet zu sein schien, gab alles zu kaufen, selbst die nötigen Teile, um eine Bombe zu basteln.
Die resolute Blonde mit den brennenden Augen tauchte sofort in die Menschenmenge ein, die aus verschiedensten Nationalitäten bestand. Sie verschwand so schnell, als ob das schwarze Marktgewühl sie einfach eingesaugt hätte, ohne die kleinste Spur von Weiß zu hinterlassen. Stella schaute ihr nach. Wie unpassend sah der weiße Fleck vor dem schwarzen Hintergrund aus. So kann ein gerade gewachsener Mensch unter Buckligen wie eine Missgestalt erscheinen.
Stella ging durch die Menge auf der Suche nach einer Wohnung oder einem Zimmer. Sie hatte einen Wunsch, ein paar Tage in dieser tollen Stadt zu verbringen. Sie wollte sich abends in einem Klub ein bisschen entspannen. Aber zuvor musste sie eine Wohnung mieten und am nächsten Schalter ein Flugticket nach Moskau kaufen.
Sie traf eine Frau mit einem Schild, auf dem geschrieben stand: „Wohnung zu vermieten“, und fragte nach.
„Es ist ein abschließbares Zimmer in einer Zweizimmerwohnung. Im anderen Zimmer wohnt ein Mann aus Moldawien, der hier auf dem Markt als Lastträger arbeitet. Er hat einen engen Zeitplan, geht um 4 Uhr morgens aus dem Haus und kommt spät am Abend wieder. Die Küche wird geteilt. Die Miete ist niedrig.“
„Okay. Ich nehme das Zimmer. Könnten Sie noch einen Augenblick warten, bitte? Meine Freundin kommt in einer Stunde zu dem Café da drüben.“
„Gut. Dann bin ich in einer Stunde wieder da.“
„Abgemacht.“
Natalja wurde wütend, als sie von Mietbedingungen erfuhr.
„In einem Zimmer? Bist du verrückt geworden? So kann ich doch niemanden für die Nacht mitbringen!“
„Wir haben einen Haufen Geld bei uns! Und Wertsachen! Du darfst niemanden mit in die Wohnung bringen! Geh ins Hotel oder zu deinem Freier nach Hause!“
„Die meisten wohnen bei ihren Müttern! Du kennst doch unsere Kundschaft. Penner und Versager sind gut im Bett. Männer, deren Gehirn wenigstens ein bisschen funktioniert, können nicht länger als dreißig Minuten.“
„Hahaha! Danke für die Info. Ich werde mir dümmere Typen aussuchen.“
„Ich sterbe vor Lachen.“
Das Zimmer gefiel den Mädchen. Es war geräumig, mit einem großen Bett und Balkon.
„Wow! Der Fickplatz ist ja riesig!“
„Ein altertümliches Großmutterbett für witzige Leute mit Fantasie…“
Die Tür zum zweiten Zimmer stand halb offen. Stella schaute hinein, um den Nachbar zu begrüßen, aber er war nicht da.
„Seltsam. Wo ist unser Nachbar?“
„Ich glaube nicht, dass er schon zu Hause ist. Gewöhnlich fährt er bis zum späten Abend Waren in die Lager.“
„Schließt er sein Zimmer nicht ab?“
„Wahrscheinlich hat er gedacht, dass er hier allein wohnen könnte, bei der winzigen Miete, die von ihm kassiere“, sagte die Vermieterin sarkastisch. „Moldawier sind eben doof.“
Die Frau schrieb mit kluger Miene die Daten aus den gefälschten Pässen ab, nahm das Geld mit der Geschicklichkeit einer erfahrenen Taschendiebin und verließ die Wohnung.
Ohne zu zögern untersuchten die Mädchen das Zimmer des Moldawiers und fanden einen Safe. Er war natürlich nicht in die Wand eingebaut. Er stand einfach in einem Schränkchen und war so groß, dass die Tür des Schränkchens nicht mehr zuging.
„Hahaha! Er ist wirklich doof!“
„Ja, das kann man nicht anders sagen“, schmunzelte Stella. „Schönes Bild.“
„Wollen wir ihn zersägen? Oder gucken wir den Code mit einem Spiegel um die Ecke ab, wenn er kommt?“
„Abgucken wäre wohl am besten. Wenn es nicht klappt, lassen wir den Safe auf dem Markt zersägen. Das dürfte eine halbe Stunde dauern.“
„Dort, wo er arbeitet. Hahaha! Trinken wir inzwischen einen Kaffee?“
„Schenk ein. Den haben wir von unserem Moldawier.“
Die Mädchen hörten, wie sich das Türschloss öffnete. Sie hatten die Spiegel parat, als ob sie vorausgeahnt hätten, was ihr Nachbar tun würde. Ohne die fremden Menschen in der Wohnung zu bemerken, ging er gleich zum Safe, um das an diesem Tag verdiente Geld hineinzulegen. Laut sagte er die Zahl: „7326.“ Die Mädchen standen versteckt in den Ecken, hielten die Spiegel bereit und versuchten, das Lachen zu unterdrücken. Stella hielt es nicht mehr aus und wieherte los. Der arme Moldawier erschrak fast zu Tode. Er sprang beiseite, die Adern an seinem Hals traten hervor. Erst schrie er wie am Spieß, dann wurden seine Worte klarer:
Читать дальшеИнтервал:
Закладка: