Генрих Фосслер - На войне под наполеоновским орлом. Дневник (1812-1814) и мемуары (1828-1829) вюртембергского обер-лейтенанта Генриха фон Фосслера
- Название:На войне под наполеоновским орлом. Дневник (1812-1814) и мемуары (1828-1829) вюртембергского обер-лейтенанта Генриха фон Фосслера
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- Издательство:Новое литературное обозрение
- Год:2017
- Город:Москва
- ISBN:978-5-4448-0568-8
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Генрих Фосслер - На войне под наполеоновским орлом. Дневник (1812-1814) и мемуары (1828-1829) вюртембергского обер-лейтенанта Генриха фон Фосслера краткое содержание
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Das Land von der schlesischen Grenze bis zum Niemen ist mehr oder weniger eben, nirgends bergigt, es hat meistens Sand- oder doch leichten Boden, in einigen Gegenden, wie bey Pultusk , sehr // S. 138// viele und grose Waldungen. Der Ackerbau ist beinahe die einzige Nahrungsquelle der Bewohner, die Viehzucht ist nicht von Bedeutung, eben so wenig die Pferdezucht. Fabriken und Manufacturen sind nirgends zu treffen, der Handel ist auf die wenigen Landes-Producte beschränkt. Die meisten Handwerke werden von Juden getrieben, wie diese auch beinahe die einzigen Wirthe sind.
Die Dörfer sind schlecht, und ihre Einwohner arm und elend, wie ich schon früher bemerkt habe. Dagegen sind die Städte besser, und einge, wie Kalish, Plock {724} 724 Wort im Text korrigiert.
und Lomza , wohl den besseren Städten OstPreussens an die Seite zu stellen. Bialystok ist ein recht angenehmes Städtchen, aber auch diese Stadt, wie die vorhergenannten, verdankt sein besseres Aussehen der Zeit der preussischen Regierung.184
Viertes Capitel.
In Grodno kam ich krank an. Seit 14. Tagen litt ich an einer Augenentzündung, die mir die heisse Witterung, noch mehr aber der Flugsand zugezogen hatte, und die mir das Augenlicht zu rauben drohte. Ein Arzt, den ich darüber consultirte, gab mir den Rath, den Civilgouverneur, Etatsrath Leschern , zu bitten, mir bis zu meiner Wiederherstellung den Aufenthalt in Grodno zu gestatten, und er selbst begleitete mich // S. 139// dahin, um meine Bitte zu unterstützen; dieses hatte denn auch wirklich den gewünschten Erfolg. Als ich das Haus des Gouverneurs verlies, stieß ich auf einen russischen Beamten, der in norddeutschem Dialect sich nach meiner Lage erkundigte, mich sofort in seine Wohnung zum Mittagessen mitnahm, und die Eifersucht der Russen nicht scheuend, mich für die Zeit meines hiesigen Aufenthalts zum Mittagstisch zu sich einlud. Dankbar nahm ich es an. Der edelmüthige Mann hieß Bagemühl , war aus Preussen gebürtig, und beym Gouvernement als Architect angestellt. Meine Wohnung erhielt ich bey einem deutschen Schreiner, in einem reinlichen, hellen Zimmer. Die geordnete Lebensart in Grodno wirkte nicht nur auf mein Augenübel, das der sächsische OberChirurgus Richter behandelte, vortheilhaft, sondern auf meinen ganzen Körper. Aber auch in gesellschaftlicher Hinsicht gewährte mir mein Aufenthalt daselbst Annehmlichkeiten. Ich brachte manche Stunde sehr froh bey Bagemühl zu, wenn gleich zuweilen seine EheDissidien {725} 725 Ehestreitigkeiten.
die Unterhaltung störten. Er machte mich mit dem alten Major v[on] Roth , einem gebornen Zweybrücker, bekannt, der mich gerne bey sich sah, und mir viele Artigkeit erwies. Mit mehreren gefangenen Officieren, namentlich dem schon erwähnten Lieutenant Pechin , der ebenfalls für einige Zeit in Grodno bleiben durfte, und dem Lieutenant Boecker von der jungen Lanciersgarde Napoleons {726} 726 Napoleon hatte mit Dekret vom 18. Juni 1811 sechs Dragoner-Regimenter in Chevaulegers Landers-Regimenter umgewandelt.
, stand ich auf freundschaftlichem Fuße. Der württembergische Cabinets- // S. 140// Courier Lang war schon in Bialystok zu unserer Gesellschaft gestossen. Mehrere sächsische Aerzte kamen öfters mit uns zusammen. Am 26. July ward die Gesellschaft vermehrt durch 2. Württemberger, den Kriegs-Commissär Krais und den Lieutenant v[on] Bagnato , die beide in Schlesien in Kriegsgefangenschaft gerathen waren.
Grodno ist der Sitz eines Civilgouverneurs. Die Stadt ist beträchtlich, und hat manche gutgebaute Häuser und Strassen; die christlichen Einwohner bestehen gröstentheils aus Pohlen, die Zahl der Russen ist gering,
Deutsche findet man viele. Das Benehmen der letzteren gegen uns war kalt und zurückstossend, und den Russen wichen wir möglichst aus, dagegen bezeugten uns die Pohlen wenigstens einige Theilnahme. Die Juden leben hier, wie überall, nur ihrem Gotte, dem Geld. Die Lage von Grodno ist schön, aber nicht ausgezeichnet, der Fluß, an dem die Stadt liegt, ist schiffbar, und bringt Leben und Thätigkeit unter die Bewohner.
Um die Mitte des Monats August, als meine Augen noch nicht völlig hergestellt waren, begieng ich die Unvorsichtigkeit, den Collegienrath Riesenkopf, der die Gefangenen ausbezahlte, um ein besseres Quartier zu ersuchen. Er aber schlug mir meine Bitte nicht nur rund ab, sondern gab mir obendrein die trostlose Versicherung, daß er nicht ermangeln werde, // S. 141// mich mit dem ersten Transport, der von Grodno abgehe, weiter zu schicken. Meine Vorstellungen dagegen blieben bey dem Gouverneur ebenso fruchtlos, als die Verwendung einer angesehenen Dame, und so ward ich dann einem Transporte zugesellt, der am 19. August nach Minsk abgieng.
Mit schwerem Herzen nahm ich von Bagemühl's , von dem Major v[on] Roth , und meinen übrigen Bekannten in Grodno Abschied. Ihre besten Wünsche begleiteten mich.
Mehrere meiner Bekannten, wie der Herzog v[on] Mirelli , die Lieutenants Boecker, Pechin, Hartemenk, Kemerlink, der Cabinets-Courier Lang, waren mit einem früheren Transporte abgegangen. Meine Reisegefährten waren Krais und Bagnato, so wie der schon mehrmals erwähnte Laudon, und ein französischer Bedienter, der sich für einen Aide-de-Camp des Fürsten Poniatowsky ausgab, und sich Normann nannte, ein schlechter, boshafter, abgefeimter Kerl. Die Zahl der Unterofficiere und Soldaten betrug zwischen 200. und 250. Unsere Escorte bestand aus 1. Infanterie-Lieutenant mit 18. Mann vom 4.ten Infanterie-Regiment, und 30. Mann Pultawaischer187 Bauernkosaken.
Der Marsch ging über Skydel, Kamienka, Zoludek, Beliza, NowoGrodek, Mir, und Koydonowo, und am 7. Sept[ember] langten wir in einem Dorfe bey Minsk an, nachdem wir einen Weg von 84. Stunden // S. 142// zurückgelegt hatten. Unser TransportCommandant hatte unsere Lage nicht sowohl durch üblen Willen oder Bosheit, als vielmehr durch grobe Nachläsigkeit während des Marsches sehr erschwert. Er war täglich betrunken, und verlor dadurch alle Achtung seiner Untergebenen, oft sah er seine Befehle schlecht, oft gar nicht befolgt, und die armen Gefangenen waren zu Zeiten, wo er seiner Sinne nicht mehr mächtig war, mehr oder minder schlechter Behandlung theils von Seiten einiger seiner Leute, theils von Seiten der Landesbewohner oder Quartiersträger ausgesezt. Auf dem ganzen Marsche waren wir meistens in jüdischen Wirthshäusern, und nur ein paarmale bey Bauern, nie bey Edelleuten einquartirt worden. Dach und Fach hatten wir überall frey, dagegen mußten wir Essen und Trinken, zuweilen um hohe Preise, erkaufen, und etlichemale würden uns die Einwohner selbst gegen Bezahlung keine Lebensmittel abgelassen haben, wenn unser Transport-Commandant sich nicht ins Mittel geschlagen hätte. Unter diesen Umständen war es kein Wunder, daß wir nicht allein vom Gelde entblöst, sondern auch halb verhungert bey Minsk eintrafen. Die Einwohner der Orte, durch die wir zogen, waren überall gleichgültig gegen unsere Leiden, selbst hart gegen uns, und nur Einen Einwohner fanden wir, der nicht nur Menschlichkeit, sondern Gefühl gegen uns zeigte.
Dieß war der Bürgermeister in NowoGrodek , auf dessen // S. 143// Veranlassung wir unentgeldlich gespeist wurden. Dagegen trafen wir unterwegs in Swierzno einen russischen Militär, den Obersten de Fries , der sich theilnehmend nach unserer Lage erkundigte, und uns das dortige Quartier durch die Einladung zum Edelmann, dessen Freund er war, recht angenehm machte.
Das Land hat auch hier den allgemeinen Character Pohlens. Die Dörfer sind meistentheils, wie ihre Bewohner, armselig, die Städtchen etwas besser, aber weit nicht so gut, wie in denjenigen Provinzen, die ehemals unter preussischer Herrschaft standen. Manche Edelsitze sind schön, und unter diesen zeichnen sich die Güter des Grafen v[on] Tiesenhausen in und bey Zoludek , besonders aus.
Während des Marsches hatte sich meine Augenkrankheit nach und nach verloren, mir jedoch eine Schwäche in den Augen zurückgelassen, die es mir unmöglich machte, auch nur eine halbe Stunde lang unausgesetzt mich mit Lectüre zu beschäftigen.
Im Uebrigen war der Zustand meiner Gesundheit, abgerechnet die Diarrhöe, die mich schon so lange verfolgte, jedoch nicht mehr heftig war, ziemlich gut. Aber am 3. Sept[em]b[e]r ward ich von einer Unpäßlichkeit befallen, die nach etlichen Tagen als ein eigentliches Nervenfieber sich aussprach, und von heftigem Durchfall begleitet war; da es bey dem Transport keinen Arzt gab, und ein solcher mir auch nichts genützt hätte, weil es an Arzneymitteln // S. 144// fehlte, so mußte der Krankheit ihr Lauf gelassen werden, bis wir bey Minsk anlangten. Dort bemühte sich der Lieutenant v[on] Bagnato , mir die Aufnahme in einen Spital zu verschaffen, aber dieß gelang ihm erst, als ich vom Rande des Grabes durch die Kraft meiner Natur und die Hülfe einiger Arzneyen, die mir Dr. Schmidt von Minsk zugesandt hatte, zurückgekehrt war. Am 12. Sept[em]b[e]r ward ich dann in einen Spital gebracht, in welchem ich mit mehreren französischen Officieren , die theils verwundet, theils krank waren, und ihr Elend schwer fühlten, in Ein Zimmer logirt wurde. Die sorgliche Behandlung des Spitalarztes, dem ich von Dr. Schmidt besonders empfohlen war, brachte mich nun in wenigen Tagen so weit, daß ich nicht nur das Zimmer verlassen, sondern auch der Einladung des Dr. Schmidt zu seinem Mittagstisch folgen konnte. Hier ward mir eine angemessene und kräftige Kost, anfangs sparsam, nach und nach reichlicher gereicht, und in weniger als 14. Tagen ward ich wieder genesen.
Dr. Schmidt (aus Geislingen in Württemberg gebürtig) und seine Frau, (eine geborene Willmann von Villingen im Badenschen) hatten sich weit in Rußland einen ehrenvollen Ruf erworben durch die Menschenfreundlichkeit und Grosmuth, mit der sie die Leiden aller Kriegsgefangenen, hauptsächlich aber ihrer deutschen Landsleute, und unter diesen vorzüglich der Württemberger zu mildern // S. 145// sich bemühten, und die sie das Mißfallen der russischen Behörden nicht scheuen Hessen. Mit mir erinnern sich viele — viele Württemberger, Badenser188, überhaupt Deutsche und Franzosen mit herzlicher immerwährender Dankbarkeit der Wohlthaten dieses edlen Paares.
Die Stadt Minsk ist der Sitz eines Gouvernements, stark bevölkert und im Ganzen gut gebaut. Die Cathedralkirche ist ein Meisterstück der Baukunst. Die Lage ist nicht unangenehm. Die Einwohner bestehen gröstentheils aus Polen, gering ist die Zahl der AltRussen. Juden giebt es sehr viele, und hier traf ich sie besonders erbittert gegen die Franzosen und ihre Allirten. Während meines Aufenthalts in Minsk waren wir zu unserer grösten Freude von der Gesellschaft der beiden Herren Laudon und Normann befreit worden. Sie hatten bey der deutschen Legion Dienste genommen. Dagegen hatte die Gesellschaft einen bedeutenden Zuwachs erhalten durch die Ankunft des Majors v[on] Loeffler , der Hauptleute v[on] Brunnow und v[on] Butsch , der Lieutenants Hoelder und Roell , sämmtlich Württemberger, die in der Schlacht von Bautzen gefangen worden waren, so wie des bayrischen Lieutenants v[on] Michel vom 2.ten leichten Infanteriebataillon und des Chir[urgi] Pract[ici] Stoer. Ausserdem waren noch einige weitere Transporte Gefangener angelangt, die sofort in Minsk in Einen vereinigt wurden, um nach Czernigow , als der nächsten Hauptstation abzugehen. // S. 146//
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