Генрих Фосслер - На войне под наполеоновским орлом. Дневник (1812-1814) и мемуары (1828-1829) вюртембергского обер-лейтенанта Генриха фон Фосслера
- Название:На войне под наполеоновским орлом. Дневник (1812-1814) и мемуары (1828-1829) вюртембергского обер-лейтенанта Генриха фон Фосслера
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- Издательство:Новое литературное обозрение
- Год:2017
- Город:Москва
- ISBN:978-5-4448-0568-8
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Генрих Фосслер - На войне под наполеоновским орлом. Дневник (1812-1814) и мемуары (1828-1829) вюртембергского обер-лейтенанта Генриха фон Фосслера краткое содержание
На войне под наполеоновским орлом. Дневник (1812-1814) и мемуары (1828-1829) вюртембергского обер-лейтенанта Генриха фон Фосслера - читать онлайн бесплатно полную версию (весь текст целиком)
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Schon vor Wilna waren hunderte vor Mattigkeit gefallen, und als die Armee die Ufer der Düna erreicht hatte, waren es tausende von Pferden weniger. Alle diese Umstände, so wie sie zur Schwächung des Heeres dienten, führten als natürliche Folge auch eine Zügellosigkeit herbey, welche mit dem schnellem oder langsamem Fortschreiten zur gänzlichen Auflösung der einzelnen Heeres-Abtheilungen immer gleichen Schritt hielt. Unaufhaltsam gieng die ganze Armee ihrem Verderben entgegen, aber allgemein war der Glaube und die Hoffnung, die Eroberung der Hauptstadt Moskau oder Petersburg müsse den Frieden bringen, und die Uebriggebliebenen vom Untergange retten. In diesem Zustande, mit diesen Hoffnungen, aber an Mannschaft um 1/15. schwächer war die grose Armee den 22. July bey Diesna und in der Umgegend an der Düna versammelt. {632} 632 Die Verluste der französischen Armee waren zu diesem Zeitpunkt bereits weit höher als von Vossler vermutet. Sie dürften bei etwa einem Drittel der ursprünglichen Personalstärke gelegen haben (vgl. Zamoyski 2004, S. 190).
—
Mit gespannter Erwartung war ich an dem Niemen angekommen. Der Eintritt in Feindesland erregte bey mir trübe Ahnungen. Hunderttausende waren wohl unsere Kampfgenossen, Männer in der schönsten Blüte des Alters. Jauchzend überschritten sie den verhängnißvollen Fluß. Eine düstere Stille empfieng // S. 38// sie am feindlichen Ufer. Ueberall dunkle Waldungen, selten eine verlassene Wohnung, noch seltener verödete Dörfer, nirgends ein Bewohner des Landes. Das Schicksal dieser Hunderttausende, deren ich Einer war, fiel mir schwer auf's Herz. —
Bey dem Uebergang über den Niemen hatte ich die Ehre, als Ordonanz-Officier zum General Montbrun commandirt zu werden, eine Ehre, die ich bey dem Mangel an Fertigkeit in der französischen Sprache gerne abgelehnt hätte. Indessen dauerte dieser Auftrag nicht länger als 3. Tage. Wenn ich bey Tage im Gefolge des Generals, oder mit Befehlen verschickt, meine Pferde und mich müde geritten hatte, so ward mir gleichwohl bey Nacht keine Ruhe zu Theil. Die erste Nacht brachte ich unter heftigen Regengüssen an einem erlöschenden Feuer zu, wo ich, ohne Lebensmittel, den Egoismus der Franzosen, denen es nicht daran fehlte, die aber nicht gerne mittheilten, verwünschte, und in der andern Nacht ward ich zum König von Neapel verschickt, wo ich mich wenigstens eines guten Mahles zu erfreuen hatte.
Am 26. kam ich wieder bey dem Regiment an, allein schon am 29. traf mich die Reihe, die Bagage zu führen. Das Corps rückte schnell vorwärts, ich mit schweren Wägen {633} 633 Schwäb. für „Wagen“.
, abgetriebenen Pferden, unter unaufhörlichem Regen langsam nach. In vielen Defileen blieben Wägen und Pferde stecken, verrammelten den Weg, verhinderten das Nachrücken der folgenden, und so // S. 39// gelang es mir weder an diesem Tage, noch an den 3. folgenden, mein Regiment wieder zu erreichen, und erst am 4. Juli Abends, nach unzähligen Mühseligkeiten, die bey dem Commandanten nur theilweise Anerkennung fanden, traf ich wieder beym Regiment ein, und hatte von Glück zu sagen, daß ich nicht mehr als 1/3. der Lebensmittel und Bagagewägen aus Mangel an Bespannung zurücklassen mußte. In Wilna konnte und durfte ich mich mit meinen Wägen nicht aufhalten, auch hätte ich davon durchaus keinen Nutzen gehabt, weil auch nicht um Geld Lebensbedürfnisse von den erschrekten Einwohnern zu bekommen waren. Wilna ist eine schöne grose Stadt. — Am Tage nach meiner Wiederankunft bey dem Regiment wohnte ich dem Gefechte bey Daugelisky bey. Tags darauf stand ich auf Piquet. Am 8. July machte ich mit Rittmeister v[on] Reinhardt eine grose Recognoscirung bis Obsa. Mehrere Tage lang hatte ich an einer heftigen Diarrhöe, die ich in Folge des faulen Sumpfwassers und des abgetriebenen Fleisches erhalten hatte, bedeutend gelitten.
Sechstes Capitel.
Am 22. July erfolgte bey Diesna der Uebergang eines Cavalleriecorps, worunter mein Regiment, über die Düna. Mehrere Versuche, Brücken zu schlagen, hatte der reissende Fluß und // S. 40// sein Felsenbett vereitelt. {634} 634 Grammatikalischer Fehler im Original.
Wir schwammen colonnenweise über den Strom, aber mancher Reiter und noch mehr Pferde verloren im Wasser ihr Leben. Wir schlugen die Straße nach Pollotzk ein, erreichten Tags darauf diese Stadt, ohne auf ein bedeutendes feindliches Corps zu stossen, und erst am 24. Abends, als wir gegen Witepsk vorrückten, zeigten sich feindliche Colonnen, die aber schnell zurückwichen. Am 25. gab es ebenfalls nur unbedeutende Plänkeleyen, am 26. jedoch hielten die Russen festen Stand, und der Weg nach Witepsk öffnete sich nur nach einem nicht unblutigen Gefechte. Auf dem andern Ufer der Düna hatte am 26. und 27. die Schlacht bey Witepsk statt, worin die Russen grose Massen und viele Tapferkeit entwickelten. {635} 635 Die Auseinandersetzungen bei Witepsk stellten das erste schwere Gefecht des Kriegs von 1812 dar.
Den 28. July marschirten wir wieder 2. Stunden an der Düna abwärts, durchschwammen diesen Fluß, giengen über das Schlachtfeld bey Witepsk, sezten schwimmend über den Obol, und kamen durch die Stadt Witepsk. Ohne Aufenthalt rückten wir auf der kleinen Straße gegen Smolensk vor, und erreichten am 29. Liosna. Nach einem Ruhetage giengen wir mit der Division Sebastiani bis Rudnia vor, und am 1. August bis Inkowo. Eine am 3. vorgenommene Recognoscirung bestimmte den General bis zum 6. dort stehen zu bleiben, wo der Feind wieder heranrückte, und der General angemessen fand, sich 1. Stunde weit bis Lendzi zurückzuziehen, und eine vorteilhafte Stellung zu nehmen. Allein schon Tags darauf zeigten sich die Russen in noch gröseren Massen, und am 8. August // S. 41// fielen sie mit bedeutender Uebermacht über die 7. Regimenter starke Division her, und zwangen sie nach einem heftigen Gefecht, in dem unser Regiments-Commandant Graf v[on] Waldburg und der Regiments-Adjutant v[on] Batz verwundet und gefangen wurden, zum Rückzug auf das Hauptcorps des Generals Montbrun bey Rudnia. Hier blieben wir, vielfach vom Feinde geneckt, aber nie angegriffen bis zum 13. Aug[ust] stehen. Während wir auf dieser Seite die Armee deckten, hatten sich nach und nach die verschiedenen Corps in und bey Witepsk gesammelt. Mehrere Ruhetage sollten die Truppen in den Stand setzen, mit erneuerten Kräften dem Feinde entgegen gehen zu können. Wenn auch die Lebensmittel spärlich vorhanden waren, so trugen doch die Ruhe und die gute Witterung zur Erholung der Truppen etwas bey.
Von der Düna an hatte das Land ein freundlicheres Aussehen, weniger Wald und Sumpf, mehr angebautes Feld, bessere und zahlreichere Dörfer, mehr und schönere Städte und Städtchen. Die zurückziehenden Russen hatten hier nicht mehr gesengt und gebrannt, sondern mit der Zerstörung aller Arten von Lebensmitteln und der Entfernung des grösten Theils der Einwohner und ihrer Habseligkeiten sich begnügt. Die Witterung war beständiger geworden, die Wege darum wieder besser, und der Verlust der Armee an Mannschaft und Pferden war geringer, als vom Niemen bis zur Düna.
Von dem Uebergang über die Düna an bis zum Gefecht bey Lendzi // S. 42// am 8. August war es mir wieder besser ergangen. Bey diesem Gefechte hatte ich das Glück zu rühmen, daß ich im Handgemenge keine
Verwundung erhielt. Ein Rückzug, wie er hier von uns ausgeführt wurde, ist gewiß einem Siege gleich zu schätzen, denn der grosen Uebermacht des Feindes gelang es auch nicht einen Augenblick, nur die geringste Unordnung bey uns zu verursachen, und selbst der Rückzug durch unser Lager, wo die Campirsailer {636} 636 Seile zur Befestigung des Lagers.
noch zum Theil aufgespannt waren, und manche darüber hinstürzten, vermochte nicht, uns aus unserer Haltung zu bringen. Aber freilich konnte auch nur diese feste Haltung uns retten. Durch das Gefecht dieses Tages hatte mein Regiment mit dem Lager sämtliche Lebensmittel und Fourage verloren, und die Tage auf dem Bivouacq bey Rudnia bis zum 13. August waren Tage des Hungers und der Entbehrung. Hatten Mannschaft und Pferde sich vorhin wieder etwas erholt, so zehrten die Strapazen des lezteren Bivouacqs die gewonnenen Kräfte wieder auf, denn auf den äussersten Vorposten stehend mußten wir jeden Augenblick zum Aufbruch bereit seyn, und jeden Morgen von halb 2. bis 5. Uhr in Erwartung eines Ueberfalls zu Pferde sitzen.
Siebentes Capitel.
Um die Mitte des Augusts, als die Absicht der Russen, // S. 43// ihren Rückzug auf Moskau zu nehmen, offenbar geworden war, brach die grose Armee aus der Umgegend von Witepsk wieder auf, rückte gegen Smolensk vor, nahm diese Stadt mit Sturm, lieferte im sogenannten h[eiligen] Thale dem Feinde eine blutige Schlacht, und traf endlich am 4. Sept[em]b[e]r unter fortwährenden Gefechten in der Nähe von Mosaisk ein. Hier hatten die Russen eine feste Stellung genommen, die sie auf's aeusserste vertheidigen zu wollen schienen. Hier sollte über den Besitz von Moskau entschieden werden. Den 5. Sept[em]b[e]r wurde nach grosem Blutvergiesen eine feindliche Schanze genommen, durch deren Verlust die russische Stellung bedeutend gefährdet wurde. {637} 637 Vossler spielt hier auf die französische Eroberung der westlich des späteren Schlachtfeldes gelegenen, sogenannten „Schewardino-Schanze“ an.
Allein ohne eine Schlacht zu wagen, konnte der russische Feldherr {638} 638 Oberbefehlshaber des zaristischen Heeres war seit dem 20. August 1812 Fürst Michail Illarionowitsch Kutusow-Smolenski (1745—1813).
die zweite Hauptstadt des Reiches nicht aufgeben, und so suchte er denn unter grosen Anstrengungen die verlorne Schanze wieder zu gewinnen, jedoch vergeblich. Der 6.te Sept[em]b[e]r war nun für beide Heere ein Tag der Ruhe, und zugleich der Vorbereitung auf das blutige Schauspiel, das den folgenden Tag aufgeführt werden sollte.
Unsere Division marschirte am 13. August von Rudnia ab gegen Liosna zurück, und deckte bis zum 21. durch verschiedene Hin- und Hermärsche den linken Flügel der grosen Armee. Nirgends stiessen wir auf bedeutendere feindliche Streitkräfte. Am 21.ten rief uns höherer Befehl von dieser Bestimmung ab, und wieder rückwärts über Inkowo und Lendzi bis Liosna , um den Rücken der // S. 44// Armee von einem feindlichen Streifcorps zu säubern. Nachdem uns dieß ohne grose Mühe gelungen war, giengen wir über Babinowieszi und Usjanikowa wieder vorwärts gegen Smolensk, wendeten und dann aber links nach Parezia , und gelangten am 31. August über den Dniepr in Dorogobusz auf die grose von Smolensk nach Moskau führende Straße. Von hier an rückten wir der grosen Armee in forcirten Tagmärschen nach über Wiasma und Gsziat , und erreichten sie am Vorabend der Schlacht bey Mosaisk.
Auf unserem ganzen Marsche vom 13. August bis 6. Sept[em]b[e]r hatten wir kein Gefecht von Bedeutung zu bestehen, und nur einzelne unbedeutende Angriffe auf unsere Avant- oder Arriere-Garde, auf Vedetten {639} 639 Alarmstellung einer Feldwache.
und Fouragierende, gaben das Daseyn des Feindes zu erkennen. Das Land, das wir zu Vertreibung des feindlichen Streifcorps durchzogen, lag ausser der Marschroute der grosen Armee, und war darum von den Bewohnern nicht verlassen. Doch hatten diese ihre besten Habseligkeiten geflüchtet, und die einzige Beute, die wir machten, bestand in so viel Lebensmitteln, als unser kleines Corps zur Subsistenz auf einige Tage bedurfte. Die Bewohner selbst zeigten sich natürlich äusserst zurückhaltend, und wir hatten durchaus keinen Verkehr mit ihnen. Die an die grose Heerstraße näher angrenzenden Gegenden waren schon bey unserer Ankunft von den Bewohnern verlassen worden. Ausser solchen Gegenständen, die schwer wegzuschaffen sind, wie grose BranntweinFässer p.p. fanden // S. 45// wir keine Lebensmittel vor. Auf unserem Zuge auf der grosen Heerstraße von Dorogobusz an im Rücken der Armee fanden wir Alles verwüstet und zerstört. Dorogobusz , Wiasma , Gsziat , alle drey bedeutende Städte, und letzteres eine schöne Stadt, waren öde, gröstentheils niedergebrannt, nirgends ein Einwohner; die an der Straße gelegenen Dörfer waren ebenso verlassen, aber in geringerem Grade verwüstet. Die eben genannten 3. Städte hatten bereits französische Besatzungen erhalten, die sich's in den übriggebliebenen Häusern, den vielen und zum Theil sehr schönen Kirchen und Klöstern so bequem als möglich machten. Die Witterung war bis daher gut gewesen, im August waren die Tage zum Theil noch sehr heiß, aber die Nächte fiengen an, kühl und bald kalt zu werden. Wenn dieser Wechsel der Temperatur auf unsere Gesundheit von nachtheiligem Einflüsse war, so mußte dieß noch weit mehr bey der großen Armee der Fall seyn. Wir trafen von Dorogobusz an überall viele, oft sehr viele Soldaten, die an der Straße aus Entkräftung liegen geblieben, und aus Mangel an Hülfe gestorben waren. Bey dem schnellen Vorrücken, und der von Smolensk an wieder sich zeigenden Verheerung von Seiten der Russen wäre es selbst dem besten Willen und den thätigsten Anordnungen nicht möglich gewesen, Spitäler zu Aufnahme der Kranken und Entkräfteten zu errichten. So wie die Kräfte der Menschen schwanden, ebenso schwanden die der Pferde dahin. Diese, früher an den nährenden Haber {640} 640 Schwäb. für „Hafer“.
gewöhnt, // S. 46// hatten durch die Entbehrung dieses Futters, und auf blossen grünen Roggen beschränkt, zwar weniger das runde Aussehen, als vielmehr ihre Kräfte verloren, und fielen in Folge eines starken Rittes zu Hunderten. Wir trafen an der grosen Heerstraße ihrer in Menge, und bildeten uns daraus eben nicht die vortheilhaftesten Begriffe von dem Zustande der Cavallerie und der Artillerie bey der grosen Armee.
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