Генрих Фосслер - На войне под наполеоновским орлом. Дневник (1812-1814) и мемуары (1828-1829) вюртембергского обер-лейтенанта Генриха фон Фосслера
- Название:На войне под наполеоновским орлом. Дневник (1812-1814) и мемуары (1828-1829) вюртембергского обер-лейтенанта Генриха фон Фосслера
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- Издательство:Новое литературное обозрение
- Год:2017
- Город:Москва
- ISBN:978-5-4448-0568-8
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Генрих Фосслер - На войне под наполеоновским орлом. Дневник (1812-1814) и мемуары (1828-1829) вюртембергского обер-лейтенанта Генриха фон Фосслера краткое содержание
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Drittes Capitel.
Am 16.ten April hielt der neue Brigade General Ornano Musterung, bezeugte seine Zufriedenheit mit unserer Haltung, und wünschte uns glückliche Reise nach Pohlen. Nach dem Uebergang über die Oder schlugen wir den Weg nach Posen ein. Noch an demselben Tage kamen wir am Schlachtfelde von Kunersdorf vorbey, hatten aber nicht Gelegenheit, dasselbe näher zu besichtigen. Von Frankfurt an wird die Gegend immer trauriger, öder, das Land sandiger, doch waren wir noch 2 l/2.Tage lang auf deutschem Grund und Boden, aber am 18.ten April Nachmittags rückten wir in das Großherzogthum Warschau ein. Das30 erste pohlnische Ort Tszermeissel , ein Städtchen — glaubten wir — müsse eines der schlechtesten in Pohlen seyn, aber das nächste war noch schlechter, das dritte noch armseliger und so fort. Zwar hatte ich an diesem Tage noch das Glück, meine Herberge in einem Kloster (Paradies — Benedictiner) zu finden. Das Aeussere und Innere zeugte von Reichthum, aber das dazu gehörige Dorf und seine Bewohner waren höchst elend. Ein kleiner Bach macht hier die Grenze zwischen Pohlen und Schlesien, und auch die schlesische Seite ist mit einem Dörfchen bebaut, das zwar keinem unserer Dörfer gleicht, nichts desto weniger aber mit dem pohlnischen einen grellen Contrast bildet, wahrscheinlich darum, weil hier die Pfaffen nichts zu Wirtschaften haben. // S. 15//
//S. 15// Die Pfaffen sind sich wohl überall gleich und ähnlich, sagte ich mir, aber ich ärgerte mich doch. Ich wurde gut bewirthet, und mit pohlnischem Wein, den ich als solchen gut finden mußte, getränkt, meine Soldaten assen bey den Bayern Sauerkraut und Kartoffeln, und tranken Fusel {601} 601 Brandwein oder Wein minderer Qualität.
, schlechter als in andern pohlnischen Orten ohne Kloster. Die deutsche Sprache kennt hier noch der gröste Theil der Einwohner. Tags darauf gieng der Zug durch grose Ebenen, die durch die dünne gesäeten Dörfer im Style unserer Schweineställe gebaut, ein noch traurigeres Aussehen bekommen. Als ich nach einem Marsch von 8. Stunden mit 2. Zügen nach dem Dorfe Löwin detaschirt {602} 602 Abgeordnet.
wurde, befragte ich den Wegweiser um die Entfernung bis dahin. Der StockPohle {603} 603 Etwa: „der (sprachlich) unbewegliche Pole“.
verstand mich so wenig, als ich ihn. Traurig folgte ich seiner Führung, und fand in diesem Orte nicht Einen Menschen, der deutsch verstanden hatte [sic]. Noch nie hatte ich eine solche Unbehaglichkeit gefühlt, niemand verstand mich, mich eckelte die Unreinlichkeit der Menschen nicht weniger an, als die ihrer Wohnungen; das unfreundliche Wetter nöthigte mich, in dem Stalle, den man in Pohlen Haus und Stube zu nennen beliebt, zu bleiben. Wenn ich meine Wohnung zu Knauthayn mit dieser verglich, so hätte ich über meine Lage und die Menschen weinen mögen. Doch tröstete ich mich wieder, wenn ich bedachte, daß ich nicht allein in dieser Lage sey, sondern daß mein ganzes Regiment ungefähr ebenso beherbergt und vom Schmutz gequält sey, wie ich. Es ist wohl sehr menschlich, daß man seine eigenen Widerwärtigkeiten //S. 16// weniger tief fühlt, oder vielmehr sich darüber tröstet, wenn man weiß, daß seine Nebenmenschen in der gleichen Lage sind. Dieser und die 2. folgenden Tage, wo ich eben solche Quartiere hatte, waren mir höchst peinlich, und ich glaubte überzeugt zu seyn, daß es mir nie {604} 604 Wort nachträglich in den Text eingefügt.
schlimmer ergehen könne. Wie glücklich wäre ich, wenn dieses wirklich so gewesen wäre! An den folgenden Tagen war die Einförmigkeit unseres Weges nicht geeignet, mich in eine bessere Stimmung zu versetzen, aber ich gewöhnte mich nach und nach an die neue Lage, und fand sie bald erträglicher, da ich inzwischen auch die notwendigsten pohlnischen Wörter gelernt hatte. Am 22. April Nachmittags kamen wir in der Gegend von Posen an, und wurden zu meiner großen Freude in deutsche Colonisten-Dörfer verlegt, um da Rasttag zu halten. Die bessere Bauart dieser Dörfer und die Reinlichkeit der Bewohner setzte {605} 605 Grammatikalischer Fehler im Original.
mich in Entzücken, ich glaubte mich nach Deutschland versetzt. Mein erstes war hier, die Einwohner zu fragen, wie lange sie schon hier seyen, und wie es ihnen hier gefalle. Die Anhänglichkeit dieser guten Leute an ihr ehemaliges Vaterland, das sie selbst nie gesehen hatten, von dem sie aber mit einer Begeisterung und Umständlichkeit sprachen, als ob sie lange Jahre dort gelebt hätten, freute mich; aber die Versicherung, daß sie von den alten Bewohnern sehr gehaßt und wohl auch mißhandelt werden, und daher ihren Eltern den Tausch des Vaterlandes nicht danken können, betrübte mich. Nur wenige von ihnen reden die Landessprache, ob // S. 17// sie gleich hier gebohren sind, und vielleicht mag auch dieses dazu beytragen, daß sie von den alten Pohlen Haß und Druck zu dulden haben. — Am Rasttage hatte ich Zeit, mein Tagebuch zu ergänzen, und den Marsch in Pohlen noch einmal zu überdenken, wobey mir aber die Versicherung mehrerer gebildeter Pohlen, daß jenseits Posen {606} 606 Korrekt: „von Posen“.
das Land noch schlechter sey, schwer auf's Herz fiel. Ich hatte eigentlich erst 3. ganz schlechte Quartiere gehabt, wo ich mit meinen Hauswirthen und ihrer ganzen ehrbaren Familie von Schweinen, Ziegen, Kälbern, Gänsen, Enten und Hühnern die Nacht in Einer Stube zubrachte. In Chelmo bey Pinne war ich in dem Schlosse des Grafen Stanicki , der zwar nicht selbst gegenwärtig war, dessen junge Söhne aber uns von ihrer vielseitigen Bildung einen vortheilhaften Schluß auf die intellectuelle Bildung des Vaters machen Hessen; wie es mit seiner moralischen Bildung stand, weiß ich nicht, sein Dorf und seine Bauern waren aber höchst elend. — Den folgenden Tag wurde ich auf Veranlassung meines Schwadrons-Chefs {607} 607 Johann August Wilhelm von Milkau.
Abends zum Grafen Prujimski eingeladen. Der Graf war wenig gebildet und albern, aber adelsstolz, die Gräfin eine steife Matrone, und wo möglich noch stolzer. Die Tochter schön und sehr gut gewachsen, talentvoll, aber sehr eitel, eine Nichte von nicht unebener Gestalt, junge Wittwe, schien kein Behagen am Wittwenstande zu finden, und mochte es wohl leiden, daß ein beym Grafen einquartierter kräftiger Lieutenant sich gerne mit ihr unterhielt. //S. 18// Der alte Graf tractirte vornehm, aber sparsam; seltene Speisen, aber nicht für die Hälfte der Gäste hinreichend, ein Getränke, mehr mit Essig als Bier vergleichbar; zum Nachtisch einen Fingerhut voll sauren Ungarweins. Vor dem Nachtessen zeigte die junge Gräfin ihr Talent in der Musik, das wirklich Lob verdiente, aber durch einen Kosackentanz, den sie mit ihrer kleinen Schwester auffuhrte, entzückte sie alle; wir waren nur Auge, und nichts hätte uns ungelegener kommen können, als die Nachricht, daß im Speisesaal aufgetragen sey. Trotz des magern Nachtessens war ich sehr vergnügt, bis meine Illusion beym Nachhausegehen durch den Anblick der erbärmlichen Menschenställe schwand.
Wehmüthig nahm ich am 24. April von den guten Deutschen Abschied, wünschte ihnen Glück, das sie aber bis jetzt wohl schwerlich gefunden haben werden, und schlug den Weg nach Posen ein. Bey Demsen, einem andern deutschen Colonisten Dorfe, sammelte sich das Regiment, und zog von da in Parade durch Posen. Die zahllose Menge der klappernden Windmühlen, die die Stadt in geringer Entfernung umgeben, und deren es auf dem diesseitigen Eingänge von Posen besonders viele sind, setzte uns nicht weniger in Erstaunen, als unsere Pferde in Schrecken. Die Stadt selbst hat mehrere gut gebaute, während der preussischen Herrschaft38 39 entstandene Strassen, und zeichnet sich vor den meisten pohlnischen Städten vortheilhaft aus. Am jenseitigen Ende derselben giengen wir über die Warthe, und // S. 19// schlugen den Weg nach Gnesen ein. Mein Schwadrons-Chef war diesen Tag auf einem Dorfe, das — wenn ich es anders richtig gehört habe, Koszalkowikorski heißt, bey einem Edelmann in Quartier, dessen 2. Töchter mit pohlnischen Uhlanen-Officiers verlobt, ihren Geliebten beym Abschiede versprochen haben sollen, daß sie mit fremden Männern keine Sylbe wechseln wollen. Wie lange sie dieses Versprechen hielten, weiß ich nicht, nur so viel weiß ich, daß sie während der Anwesenheit der Württemberger ihrem Gelübde nicht untreu wurden und daß der Verwalter des Edelmanns versicherte, daß noch keine 14. Tage seit dem gegebenen Versprechen verflossen seyen. Wir hielten diese Damen für stumm, und die wiederholten Versicherungen des aufrichtigen Verwalters konnten uns kaum vom Gegentheil und der Wahrheit seiner Erzählung überzeugen. — Den folgenden Tag erreichten wir Gnesen, eine ziemlich beträchtliche, jedoch schlecht gebaute Stadt, die der Sitz eines Erzbischoffs, und durch einen besuchten Pferdemarkt weit berühmt ist. In meinem Quartiere zu Czecznigrolevski 39 hatte ich einen sehr neugierigen Hausherrn, bey dem gerade ein noch viel neugieriger Landpfarrer zum Besuche war. Beide erkundigten sich sehr angelegentlich nach allen Ländern, die wir schon durchzogen hatten, und besonders nach unserem Vaterlande, nach dessen Clima, Cultur und Verfassung. Keiner von den beiden Herren war je über die Grenzen Pohlens gekommen, und beide wußten von // S. 20// ihrem Vaterlande kaum etwas mehr, als daß ihr Wohnort im bessern Theile Pohlens liege, und daß ihr Land den südlichen Ländern nach Clima und vielleicht auch Cultur nachstehen müsse. Meine Erzählungen konnten daher nichts anders als Erstaunen erregen, und nachdem ich ihnen mehrere Stunden lang von Württemberg, von dem milden Clima, von der LandesCultur, von den Einwohnern und ihrer Lebensart, und {608} 608 Posen gelangte im Zuge der Teilungen Polens unter den Großmächten Preußen,
{609} 609 Österreich und Russland im Jahr 1793 unter preußische Herrschaft.
zulezt auch von dem segensreichen Jahr 1811. gesprochen hatte, priesen sie das südliche Deutschland glücklich, waren vollkommen überzeugt, daß es ein wahres Paradies sey, und sahen mich mit andern — ich möchte beynahe sagen, neidischen Augen an. Mein Graf war so sehr vergnügt, daß er nichts sparte, um mir zu zeigen, wie ein werther Gast ich ihm sey, und ich selbst hatte mich ganz in angenehme Erinnerungen verloren. Es war dieser Tag einer der angenehmsten, die ich in Pohlen verlebte.
An den folgenden Tagen führte unser Weg durch mehrere kleine, schlechte Städtchen, in deren einem — Radczejew — viele Württemberger ansässig sind, die durch den Anblick der Landsleute in grosse Freude geriethen, und sich nach ihren Geburtsorten und Verwandten angelegentlich erkundigten, wobey sie ihre traurige Lage in Pohlen herzbrechend schilderten. Am 30. April setzten wir in grossen Kähnen über die Weichsel, verließen am 3. May das Grosherzogthum Warschau, betraten bey Jilienburg (oder Illowo) das ostpreussische Land, und bezogen den 6.ten bey Neidenburg Cantonirungsquartiere. // S. 21//
Die Freude über den Ausmarsch aus Pohlen und den Einmarsch nach Ostpreussen war allgemein und unbeschreiblich. Hatten wir früher ganz Preussen wegen der Ungefälligkeit der Brandenburger und der schlechten Quartiere verwünscht, so dankten wir jetzt Gott, daß er uns wieder unter Menschen kommen ließ. Um aber nicht ungerecht gegen die Pohlen zu scheinen, will ich hier einige Bemerkungen machen, die sich jedem Reisenden bey seinem Eintritt in Pohlen aufdringen, und zum Beleg meiner Angaben einige Anekdoten anführen. Vorher muß ich nur noch bemerken, daß die Wohlhabenheit und Frugalität, an die ich durch Erziehung gewöhnt war, und die Rechtlichkeit und der schlichte Bürgersinn, die ich meinen braven Eltern zu danken habe, mich manche scharfe Ecke ich Pohlen tiefer fühlen ließen, als sie vielleicht mancher andere fühlen mochte.
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